Auf der Rednerliste stand auch Rolf Polle (Verkehrsausschuß der Bürgerschaft) sowie Hans Dietrich v. Laue (VCD). Der VCD hat sein Stadtbahn-Konzept in einer Broschüre von 1994 neu aufgelegt. "Stadtbahn" verwendet man dort als Oberbegriff für die beiden unterschiedlichen Systeme "Niederflur-Straßenbahn" und "U-Stadtbahn".
Diese "Light-Railway" fährt in den Außenbezirken zwar auf der Straße, aber weitgehend abgeschirmt vom Individualverkehr, und im inneren Stadtbereich im Tunnel, wozu sich in Hamburg die vorhandenen U-Bahntunnel anbieten, welche noch für weitere Linien aufnahmefähig sind.
So könnte man schon nach unserem ersten Vorschlag die drei U-Bahnlinien auf sechs Durchmesserlinien verdoppeln, ohne daß es zu Engpässen im Fahrplan kommt.
Es schien jedoch notwendig, das FIH-Stadtbahnnetz für diesen Zuhörerkreis zu aktualisieren, denn nichts ist so gut, daß es nicht noch verbessert werden könnte! Unser Konzept von 1991 weist einige Schwachpunkte auf, deren Beseitigung schon länger auf dem Programm stand:
1. Damals hatten wir noch keinen Anschluß zum Flughafen Fuhlsbüttel in unserem U-Stadtbahnnetz vorgesehen, da wir uns auf die amtliche Planung mit einer S-Bahn zum Flughafen bezogen hatten.
Dieses Vorhaben besteht zwar offiziell weiter, denn dafür wurde kürzlich die Planfeststellung beschlossen. Doch es erscheint immer unwahrscheinlicher, daß gerade diese aufwendige Linienführung verwirklicht wird.
Ein Stadtbahn-Anschluß zum Flughafen ist inzwischen sogar in die offizielle Planung aufgenommen worden; allerdings würde diese Strecke den Flughafen nur in einer unattraktiven Tangential-Verbindung ohne direkten Anschluß zur Innenstadt bedienen.
Dem möchten wir unsere modifizierte Planung mit Anschluß zum Flughafen und zur Luftwerft entgegenstellen; unter der Voraussetzung, daß in Hamburg eine U-Stadtbahn gebaut wird.
2. Ein weiterer Schwachpunkt unseres damaligen Vorschlages war die unterirdische Abzweigung der U-Stadtbahnlinie nach Altona - Lurup an der Station Gänsemarkt, was wegen der Tieflage nachträglich nur schwer zu realisieren sein dürfte.
In dem aktualisierten Vorschlag erfolgt diese Einmündung bzw. Abzweigung am Tunnelmund Mönkedamm - anstelle der oberirdischen Linienführung vom/zum Rödingsmarkt, die ja langfristig durch eine Station unter der Ost-West-Straße ersetzt werden soll. (Dort gibt es bereits einen unterirdischen Rohbau für eine Haltestelle "Hopfenmarkt", die auf einen Anschluß ans U-Bahnnetz vorbereitet ist.)
Um die Dreifachbelegung eines Streckenabschnitts zu vermeiden, muß am Baumwall gleichzeitig eine andere Linie ausgefädelt werden, die an der Ost-West-Straße bis Meßberg verläuft und dort einen Linientausch mit der heutigen U1 ermöglicht.
Dadurch entsteht noch eine weitere Stadtbahnlinie, wodurch sowohl Eidelstedt als auch Wilhelmsburg angeschlossen werden, so daß dieses Netz sogar sieben Linien mit 14 Endpunkten aufweisen könnte. Allerdings kann die fünfte U-Stadtbahnlinie den Hauptbahnhof nicht erreichen. Sie berührt das S-Bahnnetz aber am Jungfernstieg, sowie auch am S-Bahnhof Veddel, nachdem sie die bisher unbenutzte zweite Ebene auf der Norderelbbrücke befährt.
Der VCD ist in der grundsätzlichen Frage eher neutral, da er ja Linien für beide Systeme vorschlägt. Jedes System hat seine Vor- und Nachteile:
Für die echte Straßenbahn spricht, daß es inzwischen mehrere Gutachten gibt, an die man bei einer Raumordnung und Planfeststellung sofort anknüpfen kann. Dagegen ist die Wirtschaftlichkeit bei einer einzelnen Straßenbahnlinie noch nicht gegeben. Sie wird laut erstem Stadtbahn-Gutachten erst bei einem Netz mit vier Linien von annähernd 50 km Länge erreicht, was nach damaliger Kalkulation ca. 500 Mio. DM kosten würde (HFI 33 - 3/91, ab S.5).
Für die U-Stadtbahn spricht daher, daß sie schon mit der ersten Linie ebenso wirtschaftlich wie die U-Bahn betrieben werden kann, weil sie kompatibel dazu ist, so daß kein neuer Betriebshof gebaut werden muß.
Ideal für Fahrgäste, die von außerhalb kommen, ist bei der U-Stadtbahn die Möglichkeit, von der Straße direkt in das U-Bahnnetz hineinzufahren und dort bahnsteiggleich umzusteigen.
Da die Stadtbahn also ins U-Bahnnetz eingefädelt werden soll, stellt sich jedoch die Frage, inwieweit Verspätungen auf der Straße die Pünktlichkeit der U-Bahn gefährden. Die U-Stadtbahn erfordert Hochbahnsteige im Straßenraum, was manche Leute stört. Dies kann man auch als Vorteil sehen, denn dadurch sind wartende Fahrgäste besser vom vorbeibrausenden Kraftverkehr abgeschirmt.
Die Köln-Bonner Stadtbahn geht den anderen Weg und verzichtet auf stufenlose Zugänge. Deren Fahrzeuge werden an alle Bahnsteighöhen angepaßt mit Trittstufen, die vom Fahrer je nach Bedarf ein- oder ausgeklappt werden (Vgl. HFI 49 - 3/95, S.11). Weitere Vorteile der U-Stadtbahn sind in HFI 35 - 1/92, S.10 aufgelistet.
Bei dieser Sachlage neigte man im SPD-Arbeitskreis eher zu unserem Vorschlag, mit einer kurzen U-Stadtbahnlinie nach Steilshoop zu beginnen, die am ehesten zu realisieren ist und offenbar am dringendsten gebraucht wird. Auf keinen Fall darf nach Steilshoop und anderswo heute noch eine klassische U-Bahn gebaut werden, weil sie viel zu teuer ist. Ebensowenig darf eine etwaige Straßenbahn mit der maximal zulässigen Breite von 2,65 m gebaut werden, weil dann die Übereinstimmung mit der 2,5 m breiten Hamburger U-Bahn verloren ginge!
Doch mit solchen Erkenntnissen ist natürlich noch nichts entschieden, so lange es nicht gelingt, die Hamburger Hochbahn und den Senat für eine echte U-Stadtbahn-Lösung zu gewinnen.
(Werner Rönsch, 25474 Bönningstedt)